Die Basis für eine erfolgreiche Patchwork-Familie ist Kommunikation. Punkt. Damit könnte ich auch schon aufhören. Wenn das nur so einfach wäre…

Wie funktioniert Kommunikation?

Grundsätzlich gibt es bei Kommunikation den Sender einer Nachricht auf der einen und den Empfänger auf der anderen Seite.

Erfolgreich kommunizieren können die beiden, wenn sie sich über den Rahmen (situativer Kontext) und die Sprache einig sind. So weit so gut.

Erschwerend kommen unterschiedliche Erfahrungen, Stimmungen und mögliche Absichten hinzu. Das führt zu Missverständnissen und Konflikten.

Wörterbuch Mann-Frau, Frau-Mann

Die grundlegende Einheit im Patchwork ist in meinen Augen das jeweilige (Liebes)Paar: Entweder Vater plus neue Frau oder Mutter plus neuer Mann. Oder jede andere Liebesbeziehung. 🙂

Schaffen es diese beiden, eine ehrliche und offene Beziehung auf Augenhöhe zu führen, stehen die Chancen für ein Gelingen recht gut.

Immerhin haben Patchwork-Paare ein bis zu 20 Prozent höheres Risiko sich zu trennen, als Paare mit nur gemeinsamen Kindern.

Meine eigene Erfahrung ist: Ich habe viele Vermutungen angestellt, unnötig Rücksicht genommen oder falsche Erwartungen erfüllt.

Und warum? Weil ich nicht darüber gesprochen habe. Ich hatte eine etwas bockige Einstellung zum Patchwork, fand die Situation alles andere als traumhaft.

Ich habe Dinge motzig mitgemacht, statt sie auch mal zu hinterfragen. Ich hatte Angst meine Rolle als Stiefmutter nicht gut und richtig zu erfüllen. Friss deine Gedanken nicht in dich hinein!

1. Das Paar-Gespräch

In den akuten Situationen ist es oft schwierig kritische Themen anzusprechen, wenn es gerade im Bauch brodelt.

Wir haben daher eine sehr gute Methode gefunden, uns unter friedlichen Umständen auszutauschen und besser zu verstehen.

Sie heißt: „Wie geht’s mir mit mir und wie geht’s mir mit dir?“. In regelmäßigen Abständen setzen wir uns zusammen und beantwortet jeweils diese beiden Fragen.

Einer fängt an und hat 10 Minuten Zeit, der andere hört nur zu. Fünf Minuten erzählt jeder, wie es ihn ihm aussieht, was ihn beschäftigt. Danach fünf Minuten Monolog, wie es einem mit dem Partner gerade geht.

Ich hatte viele Aha-Momente. Es gab Sorgen, Gedanken und Ängste, die ich aus den täglichen Gesprächen, dem Alltagsgeplänkel so nie rausgehört hätte.

Dieser Rahmen erlaubt es, dass wir in uns gehen. Fünf Minuten können lang sein und sie können Gedanken ans Licht befördern, die wir vorher nicht kannten.

Hinterher können die Partner über die Antworten reden oder sie einfach stehen lassen. Mir fällt es zum Beispiel viel leichter, Kritik in einem ruhigen Moment anzunehmen als im Eifer des Gefechts.

Ein Paar, das sich versteht, wirklich die gleiche Sprache spricht, ist der beste Anker in stürmischen Patchwork-Zeiten.

Es erfordert allerdings Mut, seine Ängste und manchmal abstrusen Gedanken zu teilen. Hab diesen Mut, denn Schwäche zu zeigen schafft Nähe.

2. Highlight und Lowlight der Woche

In meinem Patchwork-Konstrukt ist es so, dass die Kinder jedes zweite Wochenende und die halben Ferien bei uns sind. Das bringt es mich sich, dass wir nicht allzu viel live aus ihrem Alltag mitbekommen.

Du kennst das. „Wie wars in der Schule?“ – „Gut.“ Gespräch beendet. Wir können es den Kids vormachen und sie ermuntern, etwas reflektierter und gesprächiger zu sein.

Eine Idee dazu: Highlight und Lowlight der Woche. Wenn wir nach dem Essen noch alle zusammensaßen, haben wir nach den tollen und doofen Ereignissen der letzten Tage gefragt.

Das haben sowohl wir Erwachsene als auch die Kids beantwortet. Es sind gute Gespräche entstanden über Traumjobs, Freundschaft und Sorgen, die wir hatten.

Die Kinder sind ins Erzählen gekommen und haben dabei gleichzeitig uns Große besser kennengelernt. Für mich als Stiefmutter eine wunderbare Gelegenheit.

In der Kommunikation mit den Kids finde ich es wichtig, sie nicht über ihre Mutter auszuquetschen, ihnen keine Botschaften für sie mitzugeben (Du kannst der Mama ausrichten..) oder überhaupt negativ über sie zu sprechen (Ich finde es Scheiße, dass die Mama..).

All diese Themen sollten die Erwachsenen, in erster Linie die Eltern, unter sich klären. Oder in einem gemeinsamen Format offen voreinander ansprechen. Dazu später mehr.

3. Kommunikation der getrennten Eltern

Zuerst ein paar Gedanken zur Kommunikation mit dem Ex-Partner. Ich habe zwei Appelle an alle geschiedenen Elternteile:

  • Versucht bitte mit aller Kraft und allem Mut, einen konstruktiven Austausch mit dem anderen Elternteil aufrecht zu halten.
  • Schützt bitte Eure neue Beziehung und setzt allen Patchwork-Mitgliedern Grenzen.

Stell dir mal vor, du bist frisch verliebt und sitzt mit deinem Liebsten gemütlich auf dem Sofa. Und dann piepst Abend für Abend sein Handy, weil das andere Elternteil schreibt.

Welche Möglichkeiten gibt es? Man antwortet immer prompt, man macht das Handy aus und antwortet am nächsten Tag oder man sagt dem Ex-Partner*, er solle so spät nicht mehr schreiben.

Ein Blick auf die andere Seite: In meinem Fall sitzt die Ex-Frau (vielleicht alleine) mit den gemeinsamen Kindern da und hat ein bestimmtes Anliegen. Was kann hier los sein?

Tor 1: Sie ist immer noch verletzt und will die neue Beziehung ihres Ex mit ihren Nachrichten stören.
Tor 2: Sie kommt nur abends zur Ruhe und schreibt die Dinge, da sie diese nicht vergessen möchte.
Tor 3: Sie denkt überhaupt nicht groß nach und will eine Frage oder Info einfach loswerden.

Als frisch verliebte Stiefmutter (wie ich) tappt man wahrscheinlich gerne in Tor 1 und ist wenig begeistert davon. Aber mal ganz ehrlich: Selbst wenn es so wäre, würdest du dich in ihrer Situation vielleicht ähnlich verhalten?

Da du das Verhalten von anderen nicht kontrollieren oder steuern kannst, bleibt dir nichts weiter übrig, als auf deiner Seite zu handeln.

Mein Tipp an dieser Stelle – eigentlich für alle Beziehungen: Vereinbart eine Zeit, zu der ihr beide das Handy abends ausmacht. Seid achtsam füreinander und lasst euch nicht von der digitalen Dauerberieselung ablenken.

Der durchschnittliche Nutzer verbringt fast vier Stunden täglich am Handy. Aus Schlafzimmer und Bett habe ich das Smartphone schon vor einiger Zeit verbannt.

Und nochmal zur Wahl des richtigen Tors: Geh im Zweifel vom Guten aus. Mit allem anderen machst du dir das Leben nur unnötig schwer. Selbst wenn der Exparter deine neue Beziehung sabotieren will – subtil oder offensichtlich – lass dich nicht auf diese Kämpfe ein.

Sprechen statt schreiben

Grundsätzlich finde ich eine (Patchwork-) Kommunikation über geschriebene Nachrichten sowieso in vielen Fällen gefährlich.

Der Empfänger sieht nur Zeichen und Smileys (die wir oft verschieden interpretieren) und hat keinerlei nonverbalen Kontext: Zwischentöne, Mimik, Stimmlage – fehlt alles.

Als Vorbereitung für ein persönliches Gespräch kann eine längere Email helfen, in der man seine Gedanken ein Mal sortiert hat.

Im Idealfall können sich die Expartner regelmäßig zusammensetzen und die wichtigen Dinge persönlich besprechen. Wie läuft es in der Schule? Welche gemeinsamen Regeln könnte man in beiden Haushalten einführen? Welchen Eindruck machen die Kinder?

Für Stiefeltern sind diese Situationen nicht immer leicht. Es kommen Ängste und Eifersucht hoch. Ich glaube, hier helfen zwei Dinge.

  1. Ehrliche und transparente Kommunikation mit dem Partner*.
  2. Eingebunden sein in das Patchwork-Konstrukt.

Und damit sind wir auch schon beim nächsten Hilfsmittel für eine gute Patchwork-Kommunikation.

4. Der runde Tisch

Neben reinen Elternrunden halte ich Patchwork-Runden für wichtig. Alle Beteiligten, die das möchten, haben ihren Platz und ihr Mitspracherecht.

Es sind zwar nicht deine Kinder, aber es ist dein Leben, das du mit der ersten Familie deines Partners teilst. Damit gehen nicht nur Pflichten sondern auch Rechte einher!

Im besten Fall sitzen die Expartner also mit ihren neuen Partnern und den Kindern an einem Tisch. Ferienplanung, gemeinsame Feiern oder einfach Smalltalk.

Viele Stiefeltern geben sich Mühe und investieren Energie in ihre Bonuskinder. Ich finde, sie haben es verdient, etwas zurückzubekommen. Die einfachste Form ist, sie teilhaben zu lassen.

Und: Die Kinder merken, dass hier Erwachsene miteinander sprechen, verhandeln, Kompromisse finden. Auch wenn nicht immer alles Friedefreudeeierkuchen ist, ziehen alle an einem Strang.

Konstruktiv und mit Respekt. Und: Entschuldigt euch, wenn es sein muss! Fehler einzugestehen ist ein Zeichen von Stärke und dass man sein eigenes Verhalten reflektiert.

Das wäre mein Traum an Kommunikation für jedes Patchworkkind.

5. Nimm dich selbst in den Arm

Ich habe es meinen Bonuskindern mal so erklärt: „Ich fühle mich manchmal wie eine Giraffe und ihr bildet mit dem Papa eine Horde Zebras. Ich gehöre einfach nicht so richtig dazu.“

Dieses Bild haben sie verstanden. Und ja, ich bin kein Zebra, aber zumindest kann ich eine gestreifte Giraffe sein. Wenn ich das will. Und das ist schon ziemlich viel.

Kinder verstehen solche Gefühle, ich hatte lange nicht den Mut, darüber zu reden. Aber es lohnt sich. Und wie immer braucht alles Zeit. Bei mir waren es Jahre.

Eine offene Kommunikation bewirkt so viel! Es zeugt von Stärke, wenn du über deine Schwächen reden kannst. Das schafft Vertrauen und Nähe. Versuch es!

Und: Kommuniziere auch mit dir selbst liebe- und verständnisvoll. Verzeihe dir Ausraster, Motzereien, Eifersucht und Misstrauen. Nimm dein inneres Kind in den Arm. Kein anderer weiß, wie du dich wirklich fühlst.

6. Hilfe von außen

Mein letzter und wahrscheinlich wichtigster Rat: Lass dir helfen. In der Kommunikation spielt die Beziehung von Sender und Empfänger eine entscheidende Rolle. Welche Einstellung habe ich zu meinem Gegenüber?

Das trägt enorm dazu bei, wie meine Kommunikation beim anderen ankommt. Oft steckst du so sehr in deinen Emotionen fest, dass du diese Auslöser für Konflikte und Missverständnisse nicht mehr erkennst.

Ein Moderator oder Mediator sieht nur die Fakten und kann bei einer gemeinsamen Zielfindung helfen. Ich wünschte, ich hätte diese Erkenntnis schon vor 10 Jahren gehabt.

Ich fasse nochmal zusammen:

  • Wichtige Basis: Paar -> Wie geht’s mir mit mir und wie geht’s mir mit dir?
  • Austausch mit den Kids: Highlight und Lowlight der Woche
  • Regelmäßige, persönliche Elterntreffen
  • Patchwork-Format in großer Runde
  • Liebevolle, ehrliche Kommunikation mit sich selbst
  • Unterstützung von außen: Moderator/Mediator

Diese Punkte machen für mich eine gelungene Patchwork-Kommunikation aus. Je mehr du davon umsetzen kannst, umso harmonischer leben alle Beteiligten zusammen.

Nimm es in deine Hand! Vorhang auf für dein Leben!

Wenn du EINE Sache in deiner Patchwork-Kommunikation ändern könntest, was wäre das?